Mittwoch, der 4. August 2021

Verändern oder Abtreten?


Unternehmen müssen heute mehr denn je schnell, günstig und zuverlässig immer wieder aufs Neue gute Dinge liefern. Wie geht das? Indem sie Weiterentwicklung als permanente Aufgabe begreifen, die es zu organisieren gilt.


Auch wenn manchmal ein anderer Eindruck entsteht

so arbeiten wir in aller Regel doch halbwegs gut und auch erfolgreich. Und zwar indem wir unsere Abläufe so reibungslos wie möglich gestalten. Tauchen Probleme auf, so lösen wir sie meist, indem wir den Sand aus der gut geölten Maschine blasen:

Prozesse werden automatisiert, mindestens aber überarbeitet und, ja, oft wird auch Personal ausgetauscht oder entlassen. Gleichzeitig wird die Arbeit neu auf KollegInnen verteilt, die wiederum geschult werden, damit sie die Jobs wieder gut und am besten noch besser abarbeiten.



So hat das in der Vergangenheit funktioniert. Und zwar exzellent.

Doch schon seit einiger Zeit  ist allerorten zu bemerken, dass die Dinge nicht mehr ganz so rund laufen.

Werden uns diese bewährten Erfolgsmittel also auch jetzt weiterhelfen?


Zweifel sind erlaubt

Zumindest, wenn wir es bei diesen Maßnahmen alleine belassen. Denn so berücksichtigen wir eben nur einen, wenngleich auch wichtigen Aspekt guter Unternehmensführung: Dass wir das laufende Geschäft möglichst gut und rentabel abzuwickeln haben.

Ein reibungsloses Tagesgeschäft ist aber eben nur die halbe Wahrheit, die uns auch nur halbwegs erfolgreich macht. 


Mindestens ebenso wichtig ist

die Zukunft zu gestalten, also jederzeit (!) für neue Produkte, Produktverbesserungen, neue Routinen und angepasste, veränderte Strukturen zu sorgen.

er dies vergisst, ausblendet oder bewusst ignoriert, setzt den Erfolg, vielleicht sogar den Fortbestand der Unternehmung aufs Spiel.

Ohne Weiterentwicklung ist nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, dass Kunden und Belegschaft (!) mit der Zeit unzufrieden werden, mittel- bis langfristig abwandern und erst einmal nicht wiederkommen.


Das galt natürlich immer schon.

Besonders aber gilt es in jenen dynamischen Märkten, die sich in den vergangenen digitalen Jahren rasant herausgebildet haben. Es lässt sich deshalb gar nicht deutlich genug hervorheben:

In so gut wie allen Branchen hat sich sehr vieles sehr radikal gewandelt. Und es ist anzunehmen, dass dies auch weiterhin geschieht. 

Leider sind genau dafür unsere auf Stabilität und stabile, kontrollierbare Märkte konzentrierte Organisationen schlecht gewappnet.


Doch was genau hat sich eigentlich verändert?

Zunächst, dass Kunden heute viel mehr Möglichkeiten haben, die sie auch nutzen. Es stehen Kunden heute viel mehr unterschiedliche Produkt- und Angebotsformen und Communities zur Verfügung als noch vor ein paar Jahren.

Dadurch kann sich heute jede/r selbst informieren und dadurch auch selbstbewusster entscheiden, was für sie oder ihn wann relevant, konsum- und erlebenswert ist. Und auch, was ihr oder ihm die Leistung wert ist oder wert sein sollte.

Kunden entscheiden dadurch heute viel souveräner und unabhängiger davon, was ihnen Produzenten und Handel als wichtig oder wertig kommunizieren oder auch suggerieren.

Es lässt sich auch so sagen: Unsere relativ überschaubaren Märkte für Massenwaren verabschieden sich (sofern sie überhaupt noch existieren).


An ihre Stelle tritt nun

ein unübersichtliches Feld unterschiedlichster Angebote, Produkte und Dienstleistungen, auf dem sich sehr viele sehr unterschiedliche Spieler tummeln. Hier gelten andere, neue wertschöpfende Regeln.

Dies ist ein ziemlich anderes Geschäft als das, was wir bislang kannten, mit dem wir erfolgreich waren – und nach dem wir uns heute noch organisieren.


„Praktisch veranlagte Männer, die sich ziemlich frei wähnen von intellektuellen Einflüssen, sind überlicherwerise die Sklaven irgendeines verstorbenen Ökonomen.“ John Maynard Keynes


Wenn wir aber heute und in Zukunft erfolgreich sein wollen

gilt es, unsere bisherigen Vorstellungen von Organisation und wie man sie gestaltet zu überprüfen und wahrscheinlich auch teilweise über Bord zu werfen. Vor allem aber haben wir uns schleunigst anzupassen.

Jetzt heißt es lernen, das bestehende Geschäft so lange reibungslos, rentabel und effizient abzuwickeln, solange es uns noch trägt und gleichzeitig (!) unsere Produkte schneller und immer wieder marktnah zu verbessern bzw. völlig neue Lösungen zu (er-) finden, also: innovativ zu sein.

In der Vergangenheit, als Innovation eine vergleichsweise gemütliche Sache war ist uns das auch aufgrund unserer durchaus erfolgreichen hierarchischen Routinen aus dem Blick geraten.

Leider haben wir deshalb auch – aus organisatorischer Perspektive betrachtet – vergleichsweise wenig bis keine Übung darin, immer wieder größere und kleinere innovative Geschäftsideen zu erkennen und zügig marktnah umzusetzen.


„You may not want to upgrade, but you must because everyone else is. It’s an upgrade arms race.“
Kevin Kelly


Doch diesmal werden wir wegen der oben genannten Umstände

wohl nicht darum herumkommen, genau das zu lernen. Also: Unsere Unternehmen also wirklich in lernende, flexiblere, selbstorganisierte Organisationen zu verwandeln. Das stellt natürlich ganz andere Anforderungen an unsere Abläufe, die wir bislang bekanntlich sehr arbeitsteilig und sehr hierarchisch organisiert haben.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Führungskräfte, Geschäftsführung und InhaberInnen werden in Zukunft anders, offener, selbstorganisierter, eigenmotivierter und auch selbstbewusster agieren, entscheiden und Verantwortung übernehmen als bisher.

Wer hofft oder darauf wartet, dass dies unkoordiniert, auf magische Art und Weise überhaupt und dann auch noch gut geschieht, dürfte eher enttäuscht werden. Ein solcher Wandel ist kein Selbstläufer. Sondern er ist als unternehmerische strategisch wichtige Aufgabe natürlich zu initiieren und zu organisieren.


Aus heutiger Sicht

mag uns eine selbstorganisierte, lernende Organisation ungewohnt oder gar unmöglich erscheinen. Es spricht jedoch einiges dafür, dass es so kommen wird. Und zwar deshalb, weil unsere bisherigen Mittel eben nicht mehr auf die Situationen passen, die wir immer öfter antreffen werden.

Kurz: Wir haben schlicht keine andere Wahl, als uns in diese Richtung zu ändern.

Das Gute daran wird sein, dass wir so zügig das eine oder andere aktuelle dringende organisatorische und auch existentiell wirtschaftliche Problem lösen und gleichzeitig lernen können, unsere unternehmerische Zukunft immer wieder aufs Neue zu sichern.

Das ist doch schon mal was.



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