Dienstag, der 4. Mai 2021

Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für agiles Arbeiten?


Sie sollen agil arbeiten? Sie überlegen selbst, ob es nicht sinnvoll wäre, ein bisschen etwas in diese Richtung auszuprobieren? Sie sind nicht allein. Ich bin z.B. kürzlich gefragt worden:


Was sind die wichtigsten Voraussetzungen für agiles Arbeiten?


Post-It:Zumindest, wenn sie schlau sind, fragen sich veränderungswillige Menschen immer, ob die Voraussetzungen für die Veränderung gegeben sind. Im Falle von Agile drängt sich diese Frage schlauen Menschen (also allen) vor allem deshalb besonders auf, weil Ihnen (natürlich) sofort auffällt: Agile heißt Selbstorganisation. Und DAS IST ETWAS GANZ GANZ ANDERES als die zwanghafte Command-And-Control-Kultur, in der wir hier momentan arbeiten!


Die wichtigste Voraussetzung für agiles Arbeiten

…ist für mich deshalb: Die Erkenntnis, dass es anders nicht mehr geht.

Wer diese Einsicht nicht hat, wird am Alten festhalten. Wir alle tun nun mal meist nur Dinge, die uns (persönlich) als sinnvoll erscheinen.

Um agileres Arbeiten im Team oder der gesamten Unternehmung anzustoßen, ist erfahrungsgemäß SEHR wichtig, allen Menschen WERTSCHÄTZEND die Möglichkeit zu geben, sich mit der Frage auseinanderzusetzen:

  • was Agilität eigentlich ist
  • warum überhaupt Agile
  • warum Agile so vorgeht, wie es eben vorgeht und vor allem:
  • was das für den eigenen Arbeitsalltag bedeuten und bringen kann.

Bemerkung am Rande: Um sich diese Fragen zu beantworten brauchen unterschiedliche Menschen unterschiedlich viel Zeit.


Das Führungsverhalten des Managements…

…ist hierbei einer der entscheidendsten Faktoren. Warum? Leben sie agiles Arbeiten nicht vor, verhalten sie sich also wie eh und je, ist das für alle anderen das zwar subtile, aber eindeutige Signal, dass alles beim Alten bleiben soll. So ticken wir Rudeltiere nun mal.


Deshalb wäre es sehr sinnvoll…

… dass sich zuerst und VOR ALLEN ANDEREN (!!!) der Führungskreis mit agilen Formen der Zusammenarbeit auseinandersetzt, statt den Change lediglich zu delegieren. Mindestens aber geschieht das zusammen und gleichzeitig mit allen anderen.

Denn Führungskräfte sollten natürlich zuerst verstanden haben, warum ein agiler Wandel nötig ist und was er bringen kann. Und auch: Was das in letzter Konsequenz bedeutet, nämlich:

  • Arbeiten auf Augenhöhe,
  • die gekippte Hierarchie-Pyramide,
  • abgebaute Ko-Abhängigkeiten und damit weniger Manipulationsmöglichkeiten im Verborgenen,
  • Abbau von hinderlichen und kostspieligen Macht und Status-Strukturen etc.

Und, ja: Führungskräfte sollten selbst dann im Vorfeld involviert werden, wenn das den agilen Wandel abblasen könnte, bevor er gestartet wird. Denn das ist die EINZIGE CHANCE, spätere nervige Guerilla-Kämpfe von Gegnern des agilen Changes möglichst im Rahmen zu halten. (Scharmützel werden trotzdem stattfinden, aber eben nicht so viele und mit nicht so vielen Opfern.)


Idealerweise…

…wäre DAS der beste Weg. Der aber wird seltener gewählt als man meinen würde. Heißt: Natürlich wird oft erst einmal unverstanden der „agile Marschbefehl“ ausgegeben: „Ihr werdet agil, bei uns im Management ändert sich nichts. Ach und übrigens: Wer nicht schnell agil wird, der fliegt demnächst.“

Das ist natürlich – naja – nicht ganz so optimal. Eigentlich ist es sogar katastrophal. Dahinter steht aber selten böse Absicht, sondern das Gegenteil. Der Befehl ist eben genau das, was bislang Aufgabe und Art des (tayloristisch geprägten) Managements war. Organisationen und auch ManagerInnen innerhalb dieser Organisationen kennen deshalb selten mehr als dieses Mittel, um Dinge voranzubringen.


Agilität bedeutet ja vor allem auch…

… Experimente zu machen (PDCA-Zirkel). Im agilen Wandel ist das erste Experiment oft, mit Command-and Control-Mitteln, also den misstrauensgeprägten Mitteln der Vergangenheit, den agilen Change zu bewerkstelligen.

Das kann gar nicht funktionieren. Denn: Agilität bedeutet ja Selbstorganisation, also: Vertrauen statt Misstrauen (Pull vs. Push). Das wissen die meisten Menschen aber VOR dem Change selten, sie ahnen es aber meist. Deshalb ist genau DAS erste Learning, die wichtige Erfahrung, aus der sie viel lernen.


Wer traut sich…

…an eine solch eine, manchmal sogar sehr unangenehme Lernerfahrung?

Naja, eben Menschen, die wissen und überzeugt sind, dass es sich lohnt. Dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann in unseren Organisationen.

Sag ich doch.  



Noch nicht überzeugt?