Mittwoch, der 19. Mai 2021

Was ist Burnout?


Eine ziemlich gemeine Eigenart von Burnout und Erschöpfungsdepressionen ist, dass sie direkt Betroffene (scheinbar) überraschend trifft  – obwohl sich die große Krise oft lange schon ankündigt, freilich ohne, dass das Betroffene sehen oder sehen wollen. Auf einen Schlag geht dann nichts mehr. Und zwar ohne, dass man sich erklären könnte, warum. Deshalb hier einige Hintergrundinformation für alle, die damit beginnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. 


    Für weiterführende Informationen siehe die Hinweise unten. Und fragen Sie auch unbedingt Ihren Arzt!


Burnout ist…


…ein Zustand

der sich durch körperliches und seelisches Unwohlsein äußert und oft mit einer tiefen persönlichen Sinnkrise verbunden ist. Burnout kann sich über Jahre hinweg aufbauen und hinziehen – mit wechselnden guten und schlechten Phasen. Ursache ist so gut wie immer eine oder mehrere längere Stressphasen, infolge dessen der Stoffwechsel gestört wird und sich eigentlich hilfreiche Denk- und Handlungsmuster verselbständigen und dadurch ungut wirken. So kommt ein Prozess in Gang, der dauerhaft negativ auf das körperliche, seelische und soziale Gleichgewicht der Betroffenen wirkt. Zunächst geschieht das sehr langsam und unmerklich, im weiteren Verlauf aber immer schneller und stärker bis es – im Extremfall – zu einem körperlichen und/oder seelischen Zusammenbruch kommt.


…ein Sammelbegriff

für viele krankhafte physische und psychische Leiden. Die Fachwelt diskutiert schon länger, wie Burnout als Krankheit genau zu definieren und wie am besten damit umzugehen ist.


Für Sie ist im Moment nur wichtig: Ihnen geht es schlecht, und zwar gesundheitlich! Gehen Sie zum Arzt!


… mit einem ganzheitlichen Erschöpfungszustand verbunden

und zwar mental und/oder körperlich. Oft wird dieser Zustand als „total“ beschrieben, und er mündet meist in irgendeine Form von Depression.


Deshalb – das ist wichtig – hat Burnout auch eine selbstzerstörerische, lebensbedrohlich suizidale Komponente.


… ein Resultat aus langanhaltendem Stress

Unabhängig von äußeren Stressoren ist Stressempfinden stark vom Einzelnen abhängig. Vom Einzelnen hängt deshalb auch ab, was wie lange nötig ist, um krankhaft auszubrennen.


… eine Reaktion auf Überforderungsphasen

Ursache für Burnout ist eine übermäßige, meist unbewusste körperliche, seelisch-mentale und auch soziale Beanspruchung bzw. Vernachlässigung als Reaktion auf Stress und anhaltende Überforderungsphasen. Insofern ist Burnout äußeren Umständen geschuldet, er entspringt jedoch trotzdem den eigenen individuellen Mustern.

Beispiele:

  • Starkes und fast ausschließliches Ausrichten und Konzentration auf einen Lebensbereich über einen längeren Zeitraum (Arbeit bzw. Karriere, Partnerschaft etc.)
  • Perfektionismus und enorm hohes idealistisches Anspruchsdenken mit entsprechenden Leistungserwartungen an sich und andere
  • Überzogenes Schultern von (Fremd-) Verantwortung
  • Überstunden bzw. lange Tages- und Wochenarbeitszeiten
  • Verzicht auf Pausen und Schlaf
  • Gedankenloses Essen und Trinken (was, wieviel, wie schnell)
  • Übermäßiger oder gedankenloser Kaffee-, Zigaretten-, Alkohol-, Zucker- oder Fernsehkonsum
  • Wenig Bewegung, zumindest weniger als sonst
  • Hintanstellen der eigenen Bedürfnisse und Interessen
  • Schleichender Verzicht auf private Termine und Kontakte


Der Stoffwechsel ist für Gehirn und Körper entscheidend.

Bei Burnout ist der Stoffwechsel stressbedingt gestört, was sich unterschiedlich auswirkt, z.B.:

  • Merkfähigkeit und Konzentration lassen nach.
  • Erholung ist erschwert bzw. gar nicht mehr möglich.
  • Ständige Müdigkeit macht sich breit, auch mehrere Stunden Schlaf bringen keine Erholung mehr.
  • „Dünnere Haut“, erhöhte Aggressivität
  • Eingeschränkte Analysefähigkeit, Tunnelblick
  • Eingeschränkte Fähigkeit gute Entscheidungen zu treffen
  • Die Leistungsfähigkeit sinkt insgesamt.

Gleichzeitig verselbständigen sich so genannte Erfolgsmuster

und zwar meist unbewusst! Gemeint sind damit gewisse Denk-, Handlungs- und Gefühlsmuster, die man sich im Laufe seines Lebens angeeignet hat und nun im Gehirn überrepräsentiert sind. Deshalb finden sie in Stress- und Überforderungsphasen übermäßige – und eben meist unbewusste (!) – Anwendung, z.B.:

  • Erfolgsdenken: „Es zählen ausschließlich Ergebnisse und Leistung!“
  • Statusdenken: „Was sollen denn die anderen denken?“
  • Existenzangst: „Ich muss, sonst ist alles aus!“
  • Generalismus, Idealismus: „Man kann doch nicht…!“, „Wenn nicht ich, wer dann?“
  • Durchhalten: „Das wird schon wieder!“, „Zähne zusammenbeißen!“,
  • Dranbleiben: „Viel hilft viel!“

Diese in spezifischen Einzelsituationen hilfreichen, jetzt fast ausschließlich wirkenden Muster sorgen für einen kontraproduktiven Umgang mit sich und der Situation und erschweren Betroffenen, ihre Gefährdung oder Erkrankung zu erkennen und notwendige Schritte einzuleiten.


Und das, obwohl es an deutlichen Hinweisen des eigenen Körpers und des Umfelds oft nicht mangelt, z.B. anhaltend und/oder wiederkehrend:

  • Kopf-, Rückenschmerzen
  • Sodbrennen
  • ständige Infekte
  • Lust- und Antriebslosigkeit
  • erschöpftes, müdes Gefühl
  • Schlaf-, Verdauungsstörungen
  • Konflikte und Streitereien
  • erhöhte Aggressivität
  • immer weniger (private) soziale Kontakte
  • ständiges Grübeln
  • Panik- bzw. Angstattacken
  • Hörsturz/Tinnitus
  • vermehrte Streitereien und Konflikte
  • sozialer Rückzug, Vereinsamung

Wenn Sie sich fragen, ob und inwiefern Sie von Burnout betroffen sind: Haben Sie bis hierher mit Eigeninteresse gelesen? Dann könnte es sinnvoll sein, sich näher zu informieren und gegebenenfalls Schritte einzuleiten! Gehen Sie so schnell es geht zum Arzt!



Weiterführende Informationen

  1. Telefonseelsorge: 0800/1110111 & 0800/1110222.
  2. Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker: 01805 950 951, 0228 71 00 24 24 oder seelefon@psychiatrie.de
  3. www.yourway2life.de: Website der Münchner Burnout-Selbsthilfegruppe. Ausführliche Hinweise zu Hilfsangeboten, Literatur- und Medienhinweise zu Burnout und Depression
  4. Münchner Bündnis gegen Depression
  5. www.therapie.de: Webpräsenz des Münchner Vereins Pro Psychotherapie. Sehr informativ, alles zum Thema Psychotherapie (Arten und Formen, Ablauf etc.). Mit Therapeutensuche.
  6. www.buendnis-depression.de: Deutsches Bündnis gegen Depression
  7. www.deutsche-depressionshilfe.de: Deutsche Depressionshilfe
  8. www.depressionsliga.de: Die Deutsche DepressionsLiga e.V. ist eine ehrenamtlich organisierte und bundesweit aktive Patientenvertretung für an Depressionen erkrankte Menschen.
  9. www.angstselbsthilfe.de: Als Verein organisierte Unterstützung von Menschen mit Angsterkrankung: Information, Beratung und Selbsthilfe bei Angsterkrankungen
  10. www.nakos.de: Bundesweite Informations- und Vermittlungsinstanz im Feld der Selbsthilfe in Deutschland
  11. www.suizidpraevention-deutschland.de
    Nationales Suizid Präventions Programm für Deutschland. In Zusammenarbeit u.a. mit dem European Network on Suicide Research and Prevention, der Weltgesundheitsorganisatin (WHO) und unter der Beteiligung des Bundesministeriums für Gesundheit.