Zur Erinnerung: Konflikte sind. Und sie sind gut.
Streitereien empfinden wir oft als ungut
Als etwas, das es zu vermeiden gilt: Führungskräfte wie Mitarbeiter fürchten Beurteilungsgespräche gleichermaßen, weil dort Kritik oder Gehaltsverhandlungen anstehen. In Sprechstunden türmen Lehrer wie Eltern meterhohe Rechtfertigungsmauern auf. Und wie um alles in der Welt bringe ich meine WG-Kollegen nur dazu, ihr Geschirr abzuspülen?
Die wenigsten Menschen freuen sich über solche Situationen.
Eigentlich ist das aber erstaunlich. Denn Menschen sind Meister im Finden von Lösungen.
Zu Recht bilden wir uns viel darauf ein: Ohne unsere herausragenden Lösungskompetenzen könnten wir unsere Leben nicht leben.
Schon gar nicht erfolgreich. Denn Probleme sind allgegenwärtig und unausweichlich – und damit Konflikte.
Wer nicht an dieser unveränderlichen Tatsache des Lebens zerbrechen möchte, akzeptiert sie am besten möglichst radikal.
Selbstmanagement-Profis legen sich außerdem eine Weltsicht zu
nach der Konflikte gut sind! Und das sind sie auch – sofern man sie gut löst.
Denn dann wird die Frage wirklich geklärt, was generell und in der aktuellen Situation sein soll, was wichtig ist und berücksichtigt werden soll. Und wie es weitergeht.
Man nennt diesen Vorgang gemeinhin auch: Entscheiden.
Eine echte Lösung bezieht dabei alle Konfliktpartner gleichermaßen ein. So – und nur so – ist ein persönliches und gemeinschaftliches Fortkommen, eine gute, erfolgreiche Entwicklung möglich.
Denn so wird aus den vielen zur Verfügung stehenden Optionen eine definitive, maximal gute ausgewählt. Genau deshalb sind Konflikte also gut.
Warum aber empfinden wir sie trotzdem als ungut?
Weil unser gelernter Umgang anders ist als oben beschrieben. Ob in Kindergarten, Schule, Studium, Behörden, Beruf, meist auch in Familien:
Wo wir uns soziale Verhaltensweisen abschauen und einüben, lernen wir mit Konflikten grundsätzlich („Wo kämen wir denn da hin?“, „Das sind nun mal die Vorschriften.“), qua Status („Da könnte ja jeder kommen!“) oder per Dekret („Und damit basta!“) umzugehen.
Wir verfügen zwanghaft und drücken unseren Willen durch. Mit kurzfristigem Blick.
So prägt sich uns im Laufe unseres Lebens ein
dass Status, Autorität, technokratische Verfahrensweisen und Egoismen wichtiger und als Strategie erfolgreicher sind als der Fokus auf eine gemeinschaftliche Lösung oder ein gemeinsames Ziel, das verhandelt und gemeinschaftlich entschieden wird.
Wir lernen, dass derjenige, der Macht hat, nicht nur in der Lage ist, auf diese Art Fakten zu schaffen. Sondern dass das auch völlig
normal ist. Selbst wenn das mit Lösung eines Streitthemas wenig zu tun hat, sondern eher nackte Gewalt ist.
Dabei ist Gewalt oder Zwang
in strittigen Situationen manchmal sogar tatsächlich nötig, um Grenzen aufzuzeigen und sich zu schützen. Aber eben nur als Ultima Ratio.
Und nicht stets als erstes Mittel der Wahl, zu dem es in unserem Kulturkreis geworden zu sein scheint, der der kurzfristigen Maximierung huldigt und entsprechende „Leistungen“ belohnt.
Vielleicht ist heute deshalb besonders wichtig
einen anderen gesellschaftlichen und organisatorischen Umgang zu suchen: Einen gemeinschaftlichen und zwanglosen. Denn so kommt echter Erfolg. Und Spaß.
Weiterlesen
- Glasl, Friedrich: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater.
- Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens.
- Sachse, Rainer: Konflikt und Streit. Wie wir konstruktiv mit ihnen umgehen.
- Simon, Fritz B.: Einführung in die Systemtheorie des Konflikts.