Ja, gut. Das ist eine wichtige Frage. Und ein Evergreen. Fragen Sie zehn Menschen, und Sie bekommen 15 Antworten. Hier dann die sechszehnte, also MEINE Antwort:
Agiles Arbeiten bedeutet
sich als Team, Abteilung, Bereich und Unternehmen in relativ kurzen regelmäßigen und gleichbleibenden (!) Abständen zusammenzufinden (Takt: 1 bis 4 Wochen), um immer wieder zu überprüfen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist oder irgendetwas angepasst werden sollte.
Wir machen das also GEMEINSAM und selbstorganisiert, also nicht irgendwie angeleitet durch irgendeine Art Management. Wir agieren dabei auf ECHTER Augenhöhe, allerdings NICHT hierarchiefrei, sondern unserer jeweiligen Verantworungen, Job und Rolle entsprechend.
Wir reden uns also nicht gegenseitig rein. Sondern jeder erledigt seinen resp. ihren Job. Und wir lassen auch die jeweilig anderen ihren Job machen.
Heißt umgekehrt auch:
In anderen Worten: Wir denken, sprechen und tun – wir ARBEITEN – also in FUNKTIONALEN Strukturen und eben nicht (mehr) in DYSFUNKTIONALEN. (Wir erkennen also radikal an, dass wir alle in einem Boot sitzen, wo jeder SEINEN Job zu erledingen hat. Kein gegenseitiges Abschieben von Verantwortung mehr!)
Wir sorgen also dafür, dass wir ECHTE Probleme lösen und das auch tun können.
Und zwar vornehmlich die DES KUNDEN. Und nicht etwa hauptsächlich unsere eigenen Probleme oder jene, die wir für relevant halten. (Um der großen Gefahr zu begegnen, am Kunden/Markt vorbei zu arbeiten.)
Um das tun zu können, achten wir darauf, ECHTE Arbeit tun, also überwiegend an Kundenprojekten zu arbeiten.
Und wir tun alles dafür, dass wir das auch tun KÖNNEN. Indem wir z.B. so wenig Zeit und Energie wie möglich in sinnlosen und auch sinnlos langen Besprechungen verplempern, die ja doch oft nur Statusgedöns sind (erkennbar z.B. daran, dass Menschen nicht pünktlich erscheinen und so zeigen, dass „man“ es sich leisten kann, andere warten zu lassen und somit das Geld mit vollen Händen zum Fenster rauschmeißen zu können.)
Außerdem fragen wir uns regelmäßig GEMEINSAM wo wir auf dem Weg zum Ziel stehen. Das machen wir, indem wir uns die folgenden zwei Fragen stellen – und übrigens auch beantworten (!):
- Wie zufrieden ist der Kunde bzw. der Markt mit unserer Arbeit?
- Was können wir tun, um uns für die nächste Zeit besser zu organisieren und zusammenzuarbeiten?
Zur ersten Frage nach der Qualität der Arbeit: Wie können wir unser Produkt, unseren Service, unsere Arbeit verbessern?
Indem wir uns regelmäßig und gemeinsam diese Fragen stellen – am besten mit dem Kunden, mit Vertretern der Kundenseite oder zumindest, indem wir diese Perspektive selbst stark einnehmen, verbessern wir uns regelmäßig in diesen drei ernorm wichtigen Feldern:
- Was wir an der Qualität unserer Produkte und Services verbessern und also einplanen sollten.
- Was dem Kunden bzw. dem Markt generell wichtig ist.
- Wie wir unsere Planung und unsere Arbeitsqualität verbessern können.
Zur zweiten Frage nach der Qualität unserer Zusammenarbeit bzw. Organisation:
Also: Was ist in der letzten Zeit gut gelaufen, was weniger?
Was davon ist besonders wichtig? Was ist die WIRKLICHE Ursache? Welche effektive, machbare Maßnahme hilft uns, besser zu werden? Und das, ohne das ganz große Wir-machen-jetzt-ALLES-anders-und-diesmal-aber-richtig-Change-Rad zu drehen?
Ständig wird so die Planung und die Struktur in kleinen Schritten, also auf machbare (!) Weise den neuen Realitäten angepasst. So
- werden wir als Organisation flexibel. Denn indem wir in Abständen von ein bis vier Wochen so agieren, versetzen wir uns alle in die Lage, zu reagieren und sogar zu agieren. Und zwar zu einem Zeitpunkt, wo das noch gut geht. (Im Gegensatz z.B. zu Top-Down Jahresplanungszyklen. Oder zu Situationen, wo die Probleme schon so groß oder verworren sind, dass sie überbordend erscheinen.)
- lernen wir als Organisation. Und wenn wir es gut anstellen sogar gemeinsam mit dem Kunden. Vor allem lernen wir, was dem Kunden wichtig ist und wie wir ihn zufriedenstellen können.
- bauen wir Vertrauen und Selbstvertrauen auf.
- bauen wir nach und nach organisatorische Schulden und vor allem: Dysfunktionaliäten ab (Wechsel- und Verzugskosten, ständiges Beschäftigen mit sich selbst, Fingerpointing, kostspielige, nervige, gesundheitsschädliche Machtspielchen und/oder Egoismen).
- wird (wieder) möglich, sich in die Organisation wertschöpfend einzubringen.
- kann der Spaß an der Arbeit bzw. der Selbstverwirklichung wiederkehren.
- steigert sich der Profit und die Wirtschaftlichkeit (alleine schon dadurch, dass wir uns mehr und mehr auf die Arbeit konzentrieren und unnötiges Status- und Business-Theater schlicht und einfach: weglassen).
DAS also verstehe ICH grundsätzlich unter agilem Arbeiten.
Wer wissen möchte, wie das im Detail funktioniert bzw. funktionieren kann, lese sich die paar Seiten Scrum-Guide durch, den es kostenlos zum Download gibt.
Wichtig, weil oft missverstanden: Agilität ist KEINE Methode oder „Tool“. Auch wenn manche agile Arbeitsrahmen sehr viel Methodisches und Prozesshaftes an sich haben. Und auch wenn Agilität in den letzten Jahren von Bertungsfirmen als methodisches Produkt verkauft wird.
Die Zusammenarbeit agil zu organisieren bedeutet, mit einer bestimmten Haltung, auf bestimmte Art und Weise und mit bestimmten Fokus auf die Wertschöpfung Geschäfte zu betreiben und sich entsprechende Strukturen zu geben – und vor allem auch, auf gewisse statusorientierte, machthierarchische Strukturen radikal zu verzichten.
Weiterlesen?
- Anderson, David J.: Die Essenz von Kanban – kompakt.
- Anderson, David J.; Reinertsen, Donald G: Kanban. Successful Evolutionary Change for Your Technology Business.
- Sutherland, Jeff: Scrum. The Art of Doing Twice the Work in Half the Time, New York, 2014. (Deutsch: Die Scrum-Revolution)
- Schwaber, Ken; Sutherland, Jeff: Scrum Guide